Denken Sie sich einmal kurz in Ihre Vergangenheit zurück und stellen sich vor, Sie würden wieder zur Schule gehen. Aber nicht einfach so, nein: Sie sind neu in einer Schule, haben Ihren ersten Schultag – und sind bereits zu spät dran. Die Wegbeschreibung, die Sie erhalten haben, hilft Ihnen leider kein Stück weiter.Irgendwann finden Sie zwar endlich die Schule, aber schon geht die Sucherei weiter. Irgendwo muss doch dieser Klassenraum sein…

Gut, nach geraumer Zeit haben Sie auch den gefunden. Also nichts wie rein in den Unterricht. Aber Ihr Tag wird und wird nicht besser. In der ersten Stunde können Sie das Gähnen nicht unterdrücken – den Stoff haben Sie doch bereits vor Jahren beherrscht! In der zweiten Stunde dagegen – Ihr Lehrer hält einen emotionslosen Monolog – verstehen Sie nur Bahnhof, aber als Sie sich melden, um Fragen zu stellen, werden Sie ignoriert.

Nehmen wir nun an, Sie haben bereits nach einem halben Tag genug von dieser Schule, was Ihnen niemand verübeln könnte. Sie stehen also auf, verlassen mitten im Unterricht den Raum, und niemanden interessiert es…

Zurück in die Gegenwart: Das wäre so nie passiert, denken Sie sich nun. In der analogen Welt mag das – und das ist wirklich zu hoffen – stimmen. Das analoge Lernen wird aber immer stärker durch das digitale unterstützt. Wird das digitale Lernen aber lediglich halbherzig angeboten, hat das zur Folge, dass allzu viele Lerner – Angestellte, Studenten, Kursteilnehmer jeder Art – eben dieses beschriebene Negativerlebnis des „ersten Schultags“ durchleben müssen.

Wie war nochmal die furchtbar komplizierte URL zum Lern-Management-System? Und wie lauten meine Zugangsdaten nochmal? Wo muss ich hier klicken, um Inhalte abzurufen, und in welcher Reihenfolge? Und überhaupt: Die Medien sind langweilig gestaltet, textlastig, entweder viel zu einfach oder zu schwierig und das Forum, das dem Austausch dienen soll, ist verwaist.

Nicht falsch verstehen: E-Learning kann das Lernen unterstützen, vereinfachen, ergänzen und sich ganz hervorragend auf den Lernprozess auswirken, kollaboratives Arbeiten fördern, mitgestaltet werden, zu Synergieeffekten führen und und und. Hierzu muss es aber adäquat eingesetzt sein; die Lösung „Alle machen E-Learning, wir stellen jetzt auch mal ein paar Folien online“ ist dabei wenig zielführend.

Unabhängig davon, ob ein kommerzielles LMS oder eine Open-Source-Lösung verwendet wird; ob man die Administration selbst übernimmt oder in Auftrag gibt, ob man den Content erstellt oder extern produzieren lässt – die Nutzerbedürfnisse müssen im Mittelpunkt stehen. „Die Nutzer“ sind in diesem Fall Lernende wie Lehrende gleichermaßen. Beide Gruppen sind es, die von E-Learning profitieren können und sollten!